Süßwein, gemütliche Atmosphäre, Wohnzimmertisch aus Holz, auf dem ein gefülltes weinglas und eine Weinflasche steht

Inside Wine: Was ist edelsüßer Wein?

In unserer Reihe „Inside Wine“ widmen wir uns heute dem „oberen Teil“ der Qualitätspyramide der Güteklassen beim Wein. Edelsüßer Wein voraus!

Vielleicht habt Ihr Euch beim Herbstspaziergang schon gewundert, dass obwohl die Lese schon längst vorbei war, in den Reben noch Trauben hingen. Wurden diese vom Winzer etwa vergessen? In der Regel nicht. Diese Trauben sind mit Absicht hängen geblieben, weil aus ihnen sogenannte edelsüße Weine erzeugt werden sollen. Denn: Für einen edelsüßen Wein braucht der Winzer Trauben mit deutlich mehr Zucker als für die gängigen Qualitätsweine, Kabinett oder Spätlesen. Und gerade, wenn der Herbst noch genügend Sonne hat, entsteht diese in den Trauben weiter. Edelsüßer Wein ist hier in der ersten Stufe seiner Entstehung.

Wie geht der Winzer dann in der Folgezeit vor? Hier gibt es zwei ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Und damit auch ganz verschiedene Arten von daraus entstehenden Weinen. Und diese stellen wir Euch im Folgenden vor. (Fast) alles zum Thema edelsüßer Wein.

Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen

Bei Beerenauslesen und den in der Qualitätspyramide noch höher angesiedelten Trockenbeerenauslesen macht man sich die „Arbeit“ eines Pilzes zunutze, der die sogenannte Edelfäule erzeugt. Er nennt sich Botrytis Cinerea. Dieser Pilz legt mit seiner „Arbeit“ erst dann los, wenn zwei Dinge bei der Witterung zusammenkommen: Es muss noch relativ warm sein und dazu auch feucht. Das heißt: Im Sommer fehlt der Botrytis die Feuchtigkeit, im Winter die Wärme. Aber im Herbst, da befällt dieser Pilz die Trauben. Und dies hat Folgen: Die Beerenhaut wird porös und lässt sie rosinenartig eintrocknen. Logisch: Dadurch, dass die Schale der Traube durchlässig wird, kann das Wasser aus dem Inneren der Beeren verdunsten und aus der Traube entweichen. Und das hat Folgen: Wie wir Euch ja erzählt haben, hatte die Traube bis zu diesem Zeitpunkt ausgiebig Gelegenheit, Zucker zu bilden. Wenn jetzt auch noch Wasser aus den Beeren verdunstet, konzentrieren sich die Inhaltsstoffe. Und auf diese hat es der Winzer abgesehen.

Denn diese Konzentration der Inhaltsstoffe wirkt sich in der weiteren Verarbeitung der Trauben aus. Denn die Hefen, die ja dafür da sind, den Zucker im Saft der Trauben in Alkohol umzuwandeln, schaffen dies ab einer gewissen Zuckerkonzentration im Saft nicht mehr vollständig. Dies ist dann auch der Grund, warum Süßweine in der Regel einen sehr moderaten Alkoholgehalt aufweisen – bei gleichzeitig hohem Restzucker. Für Euch übrigens nicht nur schmeck-, sondern auch sichtbar. Ihr merkt es, wenn Ihr das Glas schwenkt. Der Wein ist dickflüssiger als die, die Ihr sonst meist im Glas habt, er wirkt fast ölig. Und achtet auch einmal auf die Farbe des Weines: Trockenbeerenauslesen sind meistens goldgelb im Vergleich zu den helleren Eisweinen. Ursache hierfür ist die Edelfäule.

Zu den Abstufungen im Einzelnen

Nun ist edelsüß aber nicht gleich edelsüß. Man unterscheidet Auslese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese.

Am höchsten in der Pyramide steht die Trockenbeerenauslese. Sie ist äußerst selten und deshalb auch sehr teuer. Es gibt Trockenbeerenauslesen, für die Kenner bereit sind, bei Versteigerungen über 1.000 Euro auf den Tisch zu legen. Trockenbeerenauslesen passen prima zu Stollen in der (Vor-)Weihnachtszeit, ebenso zu Weihnachtsgebäck. Auch Desserts, die so süß sind, dass einem die Phantasie fehlt, welcher Wein hierzu denn passen könnte, dürft Ihr ruhig mal mit einer Trockenbeerenauslese kombinieren. Generell genießt man edelsüße Weine gerne bei  festlichen Anlässen oder als Aperitif. Oder – genau das Gegenteil – als Finale eines edlen Menüs. Fruchtigen Desserts, Eis oder Sorbets sind auch oft genannte Empfehlungen für den passenden Begleiter.

Und – jetzt kommt für viele der Clou beim edelüßen Wein: Weil diese Weine wie beschrieben viel Zucker enthalten, lassen sie sich sehr lange lagern. Auch Jahrzehnte später kann ein edelsüßer Wein noch problemlos konsumiert werden. So kann es eine gute Idee sein, zur Geburt Eures Sohnes oder Eurer Tochter eine Trockenbeerenauslese zu kaufen, um sie beispielsweise am 18. Geburtstag zu genießen. Oder – auch das kann passieren – bei entsprechender Wertsteigerung des Weines ein richtig wertvolles Geburtstagsgeschenk im Keller zu haben (Disclaimer: Dies stellt keine Anlageberatung dar, sondern ist lediglich eine Auflistung theoretischer Verwendungsmöglichkeiten für den gelagerten Wein). Allerdings müssen Trockenbeerenauslesen hierfür fachgerecht und kühl gelagert werden. Ihre geschmackliche Vollendung erreichen diese Weine in der Regel nach 5-10 Jahren. Aber wie gesagt: Auch weit danach bleiben sie ein Top-Genuss.

Das Gegenstück: Der Eiswein

Der Eiswein entsteht auf wiederum völlig andere Weise. Auch bei ihm lässt man die Trauben nach der Hauptlese noch am Stock. Aber: Im Gegensatz zur Beeren- und Trockenbeerenauslese will man zu seiner Erzeugung gesundes Traubengut haben, die Edelfäule bzw. die Botrytis ist bei ihm streng verpönt. Wird eine Traube von Botrytis befallen, wird sie vom Winzer entfernt.

Aber der Reihe nach: Es beinhaltet ein gewisses Risiko, Trauben bei der Lese am Stock zu lassen. Beim Eiswein wird dieses Risiko auf die Spitze getrieben – was später auch seinen noch einmal höheren Preis rechtfertigt. Beim Eiswein lässt man die Trauben am Stock und wartet auf Temperaturen von mindestens -7°C. Und – Ihr ahnt es schon – das kann sich in unseren Breitengraden bis Januar, in manchen Jahren auch bis Februar ziehen. Immer den möglichen Totalverlust vor Augen. Denn: Kommt es nicht dazu, dass die genannten – und gesetzlich für Eiswein vorgeschriebenen -7 Grad erreicht oder unterschritten werden, muss der Winzer die dann verdorbenen Trauben verwerfen.

Deshalb kommt in der Regel nur etwa 5-10% der ursprünglich „hängen gelassenen“ Erntemenge als Eiswein auf den Markt. Auch deshalb, weil von den hängen gelassenen Trauben immer wieder welche selektiv herausgeschnitten werden (zum Beispiel die oben schon genannten mit Botrytis) oder der im Spätherbst und Winter oft unvorhersehbaren Witterung zum Opfer fällt.

Aber jetzt sprechen wir über die Trauben, die noch am Stock hängen, wenn es endlich kalt genug geworden ist – die genannten -7 Grad erreicht oder unterschritten werden. Sie werden zu Eiswein – der jüngsten eigenständigen Prädikatsstufe. Erst seit 1982 gibt es sie, erst eine Novellierung des deutschen Weingesetzes ermöglichte dies. Was das Gesetz ebenfalls verlangt: Ein Mindestmostgewicht, das je nach Anbaugebiet zwischen 110 und 128° Oechsle liegen muss – und damit so hoch wie bei der oben schon besprochenen Beerenauslese.

Wo liegt der Unterschied von Eiswein zu den anderen edelsüßen Weinen?

Hier liegt die Kunst in der Lese und der Kelter. Die natürlich gefrorenen Trauben – zur Erinnerung: hier wird bei mindestens minus 7 Grad gelesen – müssen noch im gefrorenen Zustand gekeltert werden. Auch deshalb findet die Lese überwiegend in den ganz frühen Morgenstunden statt. Denn: Dann kommen die Beeren noch in gefrorenem Zustand in die Kelter und das Wasser der Beeren bleibt dann beim Pressen als Eis auf der Kelter zurück. Nur das Saftkonzentrat fließt ab, da sein Gefrierpunkt tiefer liegt als der von Wasser – anders gesagt: Der süße Saft schmilzt früher als Wasser. Auf diese Weise entsteht ein hoch konzentrierter Most, der so bei den Auslesen niemals entstehen würde – trotz gleich bzw. ähnlich hohem Zuckergehalt der verarbeiteten Trauben.

Und geschmacklich, gibt es da auch einen Unterschied? Nun: Im Unterschied zu Auslesen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen zeigt der Eisweine nicht nur die bei den gerade Genannten ebenfalls vorhandene dichte Konzentration der Beeren-Inhaltsstoffe, sondern zusätzlich einen vergleichsweise hohen Säuregrad. Dieser hohe Säuregrad entsteht ebenfalls durch genau den entscheidenden Unterschied des Eisweins gegenüber dem gerade genannten Trio: Das Gefrieren der Beeren am Stock. Deshalb die mindestens -7°C, Experten wissen: -10 bis -12°C verstärken den Effekt und sind noch ratsamer.

Deshalb kann man sagen: Der Name Eiswein ist für diese Weinart perfekt gewählt. Ein ganz besonderer edelsüßer Wein.

Eiswein bedarf schon im Sommer der Vorbereitung

Eine derart hohe Qualität wie die eben beschriebene entsteht nicht von selbst und nicht aus jeder Traube. Sie muss schon im Frühling und Sommer vorbereitet werden. Das Stichwort hierfür heißt ertragsreduzierender Rebschnitt im Frühjahr und eine strenge Selektion der Trauben vor der Lese. Denn logisch: Nur kerngesunde Trauben überstehen diese „Verlängerung der Reifezeit“ unbeschadet.

Ab Herbst gilt es dann, die Eisweinparzellen zum Teil zu entblättern und in Folie einzupacken. Denn: Die Trauben schmecken auch Vögeln hervorragend – und die will man natürlich hier nicht haben.

Und – jetzt kommt ein weiterer entscheidender Unterschied zu den Auslesen: Beim Eiswein achtet der Winzer auf gesundes Lesegut ohne Botrytis-Befall! Denn: Die oben beschriebene Edelfäule will man beim Eiswein nicht haben, möglichst gesunde Trauben als Ausgangsmaterial sind erwünscht. Dies verursacht dann auch den geschmacklichen Unterschied von Eiswein zu den anderen edelsüßen Gewächsen Beerenauslese und Trockenbeeren­auslese. Ein frischer und konzentriert fruchtiger Geschmack sind hier gefragt. Dazu kommt in der Regel eine relativ stabile Säure. All das macht Eisweine auch schon in jungen Jahren zum Genuss.

Wie die genannten Auslesen ist Eiswein ein toller Begleiter bei festlichen Anlässen und ein hervorragender Aperitif. Und auch er passt prima zu den oben schon bei den Auslesen genannten Desserts.

Zusätzlich können wir Euch beim Eiswein empfehlen, ihn mit reifem Edelschimmelkäse zu versuchen. Die salzigen, meist strengen bis leicht bitteren Noten des cremigen Käses und die fruchtig süßen Aromen des konzentrierten Weines gleichen sich optimal aus. Edelsüßer Wein kann den Genuss an dieser Stelle auf die Spitze treiben.

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