Wolfgang Keicher bei der Arbeit

Wolfgang Keicher: Der Marathon-Mann

Wenn es so etwas gibt wie einen dauerforschenden Naturburschen, dann verkörpert ihn am ehesten Wolfgang Keicher. Aufgewachsen zwischen Trollinger und Riesling, landete der abenteuerhungrige Württemberger in einer Rebveredelung. Und wird des Experimentierens nicht müde.

Text: Eva Maria Dülligen, Fotos: Daniel Schneider

Dass Wolfgang Keicher einen neuen Riesling gezüchtet hat, rundet das Porträt des Winzersohnes ab. Nach getaner Arbeit in der Rebschule zu Heilbronn, da wo Sämlinge, Klone und Neuzüchtungen getestet, vermehrt und veredelt werden, wo der 57-Jährige gemeinsam mit der Uni Geisenheim Unterlagen entwickelt, die enorm resistent gegen Trockenheit und Reblaus sind, hat er den Klon HN 25 selektioniert. «Aus einer fast 100 Jahre alten Rieslinganlage im Weinsberger Burgberg habe ich ihn ausgelesen. Die Beeren ergeben eine kleine Traubenstruktur, locker und fast ohne Schulter», freut sich der Weinbautechniker, der seine Züchtung «Riesling veteris», also «Alter Riesling», getauft und diesen für die Triebwerkriesling-Serie der Heilbronner Jungwinzer vorgesehen hat.

Parallel hat er sich mit dem Trollinger befasst und einen senkrechtwachsenden Trollinger ausgelesen. Den hat er wegen des aufrechten Wuchses «Straight» genannt. Der Klon besticht wegen seines geringen Ertrags durch seine Fülle und seinen Körper. Ausgezeichnete Voraussetzungen für den Trollinger namens «Ursprung».

Die Reben begeben sich auf große Reisen

Das nötige Knowhow sammelt Keicher seit 33 Jahren als Rebschulleiter in der Heilbronner Genossenschaftskellerei. Als einzige Genossenschaft Deutschlands verfügt sie über eine Rebschule, die sowohl die eigenen Mitglieder als auch Privatkunden mit Pflanzen-Material versorgt: «Wir machen Mainstream-Reben, aber auch Premium-Klone, für jeden Abnehmer maßgeschneiderte Reben, auf Bodeneigenschaften und Region abgestimmt», fränkelt der gebürtige Erlenbacher und führt weiter aus, dass Muskateller- oder Cabernet-Cubin-Klone bis nach Namibia und Japan verschifft werden. Reben von Schwarzriesling und Black Hamburg (Trollinger) gehen bis nach England, Italien und Luxemburg.

Entbrannt ist Keichers Leidenschaft für das Veredeln von Reben Down Under, wo er ein halbes Jahr bei Brown Brother Milawa Vineyard mit anpackte. In King Valley übernachtete er in einem ausrangierten Wohnwagen, um jeden Tag auf den ein Kilometer entfernten Weinbergen zu schuften. Zufällig erfuhr er, dass zu dem australischen Traditionsweingut auch eine Rebschule gehörte, in die der bekennende Outdoor-Freak seine neugierige Nase steckte.

Langen Atem beweist der staatlich geprüfte Weinbautechniker nicht nur in seinem Job. Denn auch beim Trollinger-Marathon in Heilbronn, wo er 42 Kilometer in drei Stunden hinlegte, beweist er Ausdauer. Jetzt muss er wegen eines Hüftleidens kürzertreten, läuft «nur noch» zehn Kilometer zweimal die Woche und fährt regelmäßig Mountainbike. Die überschüssige Energie lässt er hoffentlich in die Veredelung von vielen aromenintensiven Piwis fließen.


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