Bernhard Idler

Weinlese 2020 startet

Weinlese 2020: Die Aussichten im Interview mit dem Vorstand Önologie der WZG – Bernhard Idler.

Die Weinlese 2020 steht bevor! Zeit, sich mit dem Mann zu unterhalten, der wie kaum ein anderer in Württemberg einschätzen kann, wie diese voraussichtlich laufen wird: Bernhard Idler, Vorstand Oenologie der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft WZG.

Herr Idler, wann startet die diesjährige Lese?

Der Start steht unmittelbar bevor! Sie hat streng genommen sogar schon begonnen. Im Bereich der WZG gab es Mitte dieser Woche die ersten Anlieferungen. Richtig los geht es hier in Württemberg dann mit der Hauptlese ab Montag (14.09.2020).

Welche Rebsorten sind als erstes dran, welche kommen später?

Traditionell starten wir mit Portugieser, Acolon und Regent. Auch Müller-Thurgau und Sauvignon Blanc werden schon gelesen, und natürlich die Grundweine für die Sektbereitung. Die Trauben hierfür liest man immer etwas früher. Bei Sektgrundweinen möchte man moderate Mostgewichte und somit auch moderate Alkoholgehalte, da beim Sekt durch die zweite Gärung später der Alkoholgehalt nochmals eröht wird. Deshalb werden wir in den nächsten Tagen auch bereits die ersten Rieslingtrauben lesen, aber nur für Sektgrundweine. Später dran sind – ebenfalls alle Jahre wieder – die Cabernet-Sorten, Lemberger und Trollinger.

Man sieht eine komplette Familie bei der weinlese in den Reben von Markelsheim

Weinlese in Markelsheim, Foto Thomas Weller

Wie ist Ihre Prognose für die Weinlese 2020?

Das sonnige und warme Wetter im Sommer und jetzt im September hat für gesunde, hochreife Trauben im Weinberg gesorgt. Wir treffen auf hervorragende Qualitäten.

Wie geht man bei einer solchen Prognose vor? Wie kommt man da zu Ergebnissen?

Wir gehen in den Weinberg hinein und probieren die Trauben. Gerade für mich als Kellermeister ist das die pure Freude – endlich komme ich einmal in die Weinberge. Wenn die Trauben gut schmecken, gibt das hinterher auch einen tollen Wein. Gestützt werden unsere Prognosen noch durch begleitende Analysen im Labor, wo wir Mostgewicht, Säure- und Mineralstoffgehalt bestimmen. Aber Achtung: Ein bisschen Spannung bleibt immer, ob das, was wir in den Jahrgang hineininterpretieren, nachher auch Wirklichkeit wird.

Und: Was interpretieren Sie hinein? Welche Mengen und Qualitäten sind zu erwarten?

Je nachdem, wie stark insbesondere der Spätfrost zugeschlagen hat, gibt es zwischen den einzelnen Regionen größere Unterschiede. In nicht geschädigten Anlagen erwarten wir eine normale Erntemenge und gute bis sehr gute Qualitäten.

Man sieht einen Schlepper vor einem Weinberg stehen

Foto: Waldemar Drexler

 

Welche Rebsorten haben in der Weinlese 2020 einen besonders guten Jahrgang erwischt, welche leiden eher?

Wenn Sie so fragen, gibt es dieses mal nur Sieger.

Wie hat sich die Trockenheit in weiten Teilen des Jahres ausgewirkt?

Wenn wir über 2020 reden, müssen wir von Trockenheit und auch über Frost sprechen. Der Spätfrost zu den Eisheiligen am 11. Mai hat landesweit, aber in einigen Lagen besonders intensiv, erhebliche Frostschäden hervorgerufen. Ich denke hier besonders an das Taubertal, Hohenlohe und Stromberg. Das führt in einzelnen Lagen zu erheblichen Ernteausfällen, an vielen weiteren Orten zumindest zu Ertragsreduzierung.

Was die Trockenheit angeht, so gab es hier auch in diesem Jahr eine lange Trockenperiode, ab Ende Juli und im August. Diese führt aber letztlich nur zu vereinzelten Trockenschäden, insbesondere in Junganlagen. Eine ältere Rebe ist aufgrund ihrer sehr tiefgreifenden Wurzeln durchaus in der Lage, längere Trockenphasen zu überstehen, da sie das Wasser aus tieferen Erdschichten ziehen kann. Die Rebe ist an warmes Klima adaptiert und bleibt auch über längere trockene Phasen hinweg unbeschadet. Dazu kommt, dass bereits in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts begonnen wurde, in vielen Weinberge Bewässerungsanlagen zu bauen, um Trockenstress zu minimieren, zum Beispiel in Mundelsheim und Lauffen. Gerade in Steillagen ist dies sehr wichtig, in den Terrassen kann es an den Mauern bis zu 50 Grad heiß werden.

Wir haben auffällig wenig von der Kirschessigfliege gehört: Wo ist dieser Schädling denn geblieben?

Naja, das war dieses Jahr schon wieder nicht ihr Wetter. Die Kirschessigfliege mag es feucht, aber nicht wärmer als 30 Grad. Und wir sprechen diesen Sommer von trockener Hitze. Da kann sie sich einfach nicht vermehren, wie sie das gerne täte. Dazu kommt, dass wir für beziehungsweise gegen die Kirschessigfliege aktuell wesentlich besser gerüstet sind als noch in den Vorjahren. So gibt es im Weinbauverband Württemberg die wöchentlich tagende Arbeitsgemeinschaft „Kirschessigfliege“. Diese setzt sich aus Vertretern der Praxis, der Lehre und der Verwaltung zusammen. Also Winzer, Weingärtner sowie Vertreter von Landwirtschaftsamt und Weinbauschule. Die hier besprochenen Behandlungsstrategien werden dann über den Weinbauverband kommuniziert, parallel gibt es Webseiten, die aktuell Wetterdaten und ein Monitoring zur Kirschessigfliege und übrigens auch zu möglichem Pilzbefall vermitteln. Die Bekämpfung könnte dann zeitnah und lokal erfolgen, bevor sich die Kirschessigliege weiter ausbreiten kann.

Man sieht zahlreiche verschiedene Traubensorten auf einem Haufen

Foto: Friedrich Rau

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