Ökologischer Anbau: Jochen Konradi in seinen Weinbergen in Weinsberg

Inside Wine – Interview: Ökologischer Weinbau

Zu den wachsenden Trend der letzten Jahre zählt auch ökologischer Weinbau. Über dessen Besonderheiten haben wir mit einem Experten gesprochen.

Jochen Konradi ist Referent für ökologischen Weinbau bei der Landesversuchsanstalt für Obst- und Weinbau (LVWO) in Weinsberg.

Herr Konradi, wie entstand die Idee zum ökologischen Anbau von Wein? Seit wann gibt es das?

Jochen Konradi: Wenn Sie mich auf die Benennung eines konkreten Startzeitpunkts festlegen wollen, sage ich 1985. Damals wurde Ecovin gegründet, einer der großen Verbände für ökologischen Weinbau. In diesem sind Ökowinzer und -winzerinnen aus verschiedenen deutschen Anbaugebieten organisiert.

Letztlich muss man den Rahmen aber weiter ziehen. Denn: Die ökologische Landwirtschaft ist, ganz unabhängig vom Weinbau, letztlich die Gegenbewegung zur industriellen Landwirtschaft, die ungefähr in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Damals wurden die ersten Kunstdünger hergestellt und hielten Einzug auf unseren Feldern. Und die Gegenbewegung, angetrieben von den anthroposophischen Gedanken Rudolf Steiners, fragte: Wie können wir mit dem Kapital Boden besser umgehen, wie können wir nachhaltig anbauen?

Was gibt es beim ökologischen Weinbau zu beachten, was ist erlaubt und was nicht? Und wo ist der wesentliche Unterschied im Pflanzenschutz zwischen Öko- und konventioneller Bewirtschaftung?

Konradi: Der erste große Unterschied ist der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Der Öko-Weingärtner und die Öko-Weingärtnerin arbeiten mit natürlichen Produkten. Das bedeutet allerdings auch, dass nur wenige Mittel zum Pflanzenschutz zur Verfügung stehen.

Wir haben es ja im Weinbau vor allem mit zwei Krankheiten zu tun: Dem falschen und dem echten Mehltau. Gegen echten Mehltau verwenden die Biowinzer und -winzerinnen Schwefel und Kaliumhydrogenkarbonate, der falsche Mehltau wird mit Kupferpräparaten bekämpft.

Allerdings: Diese müssen vorbeugend eingesetzt werden, um ihre Wirkung zu entfalten. Also bereits, bevor es regnet. Der Hauptkritikpunkt am Einsatz von Kupferpräparaten ist, dass damit Schwermetalle in die Natur ausgebracht werden. Wobei wir im Laufe der Jahrzehnte die ausgebrachte Menge deutlich verringert haben: Waren es vor 40 Jahren noch 50 Kilogramm pro Hektar und Jahr, sind heute noch maximal drei Kilogramm Reinkupfer pro Hektar und Jahr maximal erlaubt – und diese Menge wird in vielen Jahren gar nicht mehr benötigt.

Schwierig ist das mit dem Pflanzenschutz für den Bio-Winzer und die Bio-Winzerin in der Steillage. Denn: Mit Maschinen kommt man in die Terrassen nicht hinein, und Herbizide, die von einem Großteil der konventionellen Winzer zur Unkrautbekämpfung im Unterstammbereich einsetzt, sind im Bio-Bereich ebenfalls verboten. Da bleibt dann nur noch, das Ganze mit Freischneider oder Motorsense zu erledigen. Das verursacht enormen Arbeitsaufwand und damit auch Kosten.

Was bedeutet dies alles für den Weingärtner und die Winzerin?

Konradi: Der Mehraufwand ist nicht zu unterschätzen. Und: In Teilen haben wir im Öko-Weinbau eine ganz andere Herangehensweise. So soll hier zwischen den Rebzeilen beispielsweise mit einer artenreichen Begrünung gearbeitet werden. Oft bedarf es hier der Überzeugungsarbeit in der Familie.

Ich würde sagen, insgesamt sind es drei Variablen, die die Winzer zum Ökoweinbau bringen: Eine gewisse Grundüberzeugung, die höhere Wertschöpfung durch den Öko-Weinbau und gesellschaftlicher Druck. So möchte unsere Landesregierung mittelfristig 30 bis 40 Prozent der Fläche ökologisch bewirtschaftet sehen. Davon sind wir im Weinbau aber noch weit entfernt. Wir lagen Stand Ende 2021 erst bei rund 12 Prozent.

Aber: Es geht – das machen erfolgreiche Weingärtner und Weingärtnerinnen vor. Und das beweist auch das Wachstum von Ecovin: Zum Start vor knapp 40 Jahren waren hier 35 Unternehmen Mitglied, heute sind es 235.

Schmeckt der Verbraucher den Unterschied?

Konradi: Nein.

Ist PiWi gleich ökologischer Weinbau?

Konradi: Nein, PiWi-Reben sind auch für konventionelle Betriebe eine sehr gute Alternative. Bei PiWi-Reben sparen sie Pflanzenschutzmittel. Damit erlauben die PiWis ihren Winzern und Winzerinnen die gleichen oder zumindest ähnliche Vorteile, wie sie auch die Öko-Weingärtner und -weingärtnerinnen haben.

Überhaupt: Den PiWi-Reben gehört die Zukunft. Der bei diesen Reben reduzierte Pflanzenschutz spart Kosten und die Weine sind inzwischen gut. Wir an der LVWO sind deshalb auch sehr aktiv in der Züchtung und Weiterentwicklung der PiWis und bauen mehrere von ihnen in den Reben des Staatsweinguts Weinsberg an. Aber mit Öko-Wein hat das per se nichts zu tun.

EU-Norm, Ecovin, Demeter, Bioland: Wo ist der Unterschied? Warum gibt es überhaupt so viele Labels?

Konradi: Gut, hier muss man jetzt trennen. Ecovin, Demeter und Bioland sind Verbände. Man kann aber sehrwohl ökologisch Wein erzeugen, ohne Mitglied in einem dieser Verbände zu sein. Dann gilt für mich ausschließlich die EU-Bioverordnung und ich verwende dann auch das EU-Siegel für ökologisch erzeugten Wein.

In unterschiedlichen Kriterien strenger sind allerdings die drei genannten Verbände. Aber in einem der Verbände zu sein, lohnt sich meines Erachtens, weil sich diese auf der politischen Ebene für die Interessen ihrer Mitglieder einsetzen. Und in welchen Verband man eintritt, hängt aus meiner Sicht unter anderem auch davon ab, welche Art von Landwirtschaft man betreibt. Ecovin beispielsweise ist ein reiner Weinbauverband. Wer also beispielsweise einen landwirtschaftlichen Mischbetrieb hat, wird dann eher Mitglied bei Demeter oder Bioland oder einem anderen Verband werden.

Mehr erfahren über die Hintergründe beim Thema Wein – heute zum Stichwort ökologischer Weinbau – im Weinheimat Blog.

Ihr findet uns außerdem auch auf Facebook und Instagram. Wir freuen uns über ein Like. 

GU Banner Weinheimat Würrtemberg, Gestatten, ich bin der Acolon

 

https://www.weinheimat-wuerttemberg.de/gu-wuerttemberg

 


Jetzt teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Informationen zu Cookies und Analysetools

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Mit Ihrer Bestätigung stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.