Gerhard Fritz und Siegfried Streicher bei ihrem Hilfseinsatz an der Ahr

Württemberger Weingärtner helfen an der Ahr

Mehrere Württemberger Weingärtner waren zum Helfen im von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Ahrtal. Wir haben mit zwei von ihnen gesprochen.

Sie beginnt bereits wieder etwas aus den Schlagzeilen zu verschwinden: Die Hochwasser-Katastrophe an der Ahr und ihre Folgen. Aber auch weiterhin gibt es dort enorm viel zu tun. Mehrere Weingärtner aus der Weinheimat Württemberg sind in den vergangenen Wochen in das betroffene Gebiet an der Ahr gefahren, um mit anzupacken. Motto: Winzer helfen Winzern.

Unter ihnen eine Weingärtnerin der Heuchelberg Weingärtner – sie hat in einem Ein-Personen-Zelt auf dem Helfercamp übernachtet. Eine Gruppe aus dem Remstal war ebenfalls für einen Tag an der Ahr. Und jetzt am vergangenen Wochenende eine Gruppe weingärtner der Lembergerland Kellerei Rosswag. Wir sprechen heute aber mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Weingärtnergenossenschaft Metzingen-Neuhausen, Gerhard Fritz und Siegfried Streicher, bis vor kurzem noch stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Metzinger Genossenschaft. Die Beiden waren vor zwei Wochen zusammen für drei Tage in den Steillagen an der Ahr.

Herr Fritz, Herr Streicher, wann sind Sie dahin gefahren?

Gerhard Fritz: Wir sind am Samstag, 14. August hochgefahren. Schön früh, um 4:30 Uhr, damit wir rechtzeitig zum Arbeiten da sind. Wir haben uns in einer Pension in der Nähe eingemietet. War gar nicht so leicht, etwas zu finden. Aber das frühe Aufstehen hat sich gelohnt – wir waren bereits um 8 Uhr oben.

Wie kamen Sie auf die Idee?

Siegfried Streicher: Naja, als das Ganze passiert ist, habe ich mir natürlich Gedanken gemacht. Spende ich? Helfe ich? Und dann kam in der Zeitschrift „Rebe & Wein“ der Aufruf, dass Winzer gesucht würden, zur Hilfe im Ahrtal. Am gleichen Tag traf ich auf unserer Generalversammlung Gerhard Fritz und wir kamen zu dem Thema ins Gespräch…

Gerhard Fritz: Genau – und ich brannte ja ebenso für dieses Thema. Ich hatte einen Bericht über die Winzergenossenschaft Mayschoss gesehen und auf einem Bild sah man, wie die älteste Winzergenossenschaft Europas verwüstet war. Teile des Gebäudes waren von den Fluten weggerissen worden. Und ich dachte: Da müssen wir helfen!

Siegfried Streicher: Da hatten sich die zwei Richtigen gefunden! Wir haben dann den Helfer-Shuttle im Internet gefunden und gemerkt: Da kann man einfach hinfahren und mitmachen. Der Helfer-Shuttle basiert auf einer privaten Initiative und fährt vor Ort Helfer zu den Betroffenen.

Aufsteller des Winzer Shuttle an der Ahr, mit mehreren Menschen darum herum

Was war Ihr Eindruck, als Sie ankamen?

Gerhard Fritz: Dass wir mit unserer Hilfsbereitschaft zum Glück nicht alleine waren! Da waren meiner Schätzung nach rund 1.000 Menschen auf dem Platz – im Laufe des Tages wohl sogar 2.000 – und wollten helfen. Es gibt dort einen Stützpunkt außerhalb des Tals, wo sich alle treffen. Von dieser Einsatzzentrale aus werden die Helfer organisiert und verteilt. Rund 100 Helfer wurden in die Weinberge gefahren.

Siegfried Streicher: Es ist schon ganz speziell: Wenn man von oben auf das Tal blickt, sieht von zunächst alles ganz normal aus, so wie immer. Aber wenn man dann in das Tal hineinkommt, sieht man die Verwüstung. Und Vom Schlamm des Hochwassers überzogene Weinflaschen im Ahrtaldas ist schon prägend, muss ich sagen. Die Straße weg, die Brücke weg, die Eisenbahn weg – die ganze Infrastruktur. Da blutet einem schon das Herz, das nimmt einen mit. Aber toll, wieviel innerhalb der Ortschaften schon aufgeräumt ist. Ein schönes Beispiel haben wir auch direkt in Mayschoss gesehen: Da gab es in der Genossenschaft ganz viele verschmutzte, verschlammte Flaschen. Die wurden von Helfern gewaschen und wieder in Kartons gepackt.

Gerhard Fritz: Ich habe das auch so empfunden. Im Fernsehen sieht man ja immer nur einzelne Bilder. Aber wenn man dann durchfährt, ist es wie ein Film, eine Zerstörung, die gar nicht endet. Was mir aber auch aufgefallen ist und das hat mich total gefreut: Wie viele junge Menschen zum Helfen vor Ort sind. Mit richtig viel Engagement – die verbringen da zum Teil ihren gesamten Urlaub.

Was war Ihre Aufgabe vor Ort?

Gerhard Fritz: Als wir vor zwei Wochen dort waren, ging es in großen Teilen noch darum, den Schlamm, den das Hochwasser hinterlassen hat, zu entfernen. Inzwischen geht es glaube ich eher darum, die Häuser wieder instand zu setzen. Wir selbst aber gingen dahin, wo wir unser Know-How am besten einsetzen können: Im Weinbau. Man wird dann in Kleinbussen von 8-10 Leuten an seinen Einsatzort gefahren, bei uns eben in die Weinberge.

Siegfried Streicher: Wir waren bei einer Familie von Nebenerwerbswinzern mit rund 60 ar Weinbergen. Dort waren wir dann rund 12 Helfer in einem Weinberg in Walporzheim.

Gerhard Fritz: Wir arbeiteten da in terrassierten Steillagen. Wir waren die Ersten seit ungefähr vier Wochen, die in den Weinberg hineingegangen sind, da konnten wir einiges tun. Die Gruppe bestand aus Winzern und Freiwilligen ohne Vorkenntnisse. Diese haben wir kurz eingelernt und dann haben auch diese tolle Arbeit verrichtet.

Siegfried Streicher im Weinberg an der AhrSiegfried Streicher: Wobei man aber sagen muss: Man hat ganz deutlich gesehen, dass die Weinberge vor dem Hochwasser top in Schuss waren. Lediglich die Zeit danach, in der nichts getan werden konnte, hatte ihre Spuren Weinberge im Ahrtalhinterlassen.

Gerhard Fritz: Man darf aber nicht unterschätzen – und das bekamen wir auch gleich am Anfang gesagt – es geht nicht nur um das Arbeiten, nicht nur um das klassische Anpacken. Auch zuhören ist gefragt, einfach zuhören: Die Menschen vor Ort möchten einem auch erzählen, was ihnen passiert ist. Ein offenes Ohr ist da ganz wichtig. Und Fingerspitzengefühl: Ich erinnere mich an den Winzer in den bunten Turnschuhen, den habe ich ohne darüber nachzudenken gefragt, ob das seine Weinbergschuhe sind. Und er sagte traurig ja – er hatte 12 Paar Weinbergschuhe, die wurden alle weggeschwemmt. Die Turnschuhe, die er anhatte, hat er als Spende bekommen.

Welche Möglichkeiten hat man, wenn man helfen möchte?

Gerhard Fritz: Im Prinzip einfach hinfahren, die Menschen an der Ahr haben auf jeden Fall Arbeit für einen. Aber: Sich vorab im Internet schlau machen nutzt auf jeden Fall. Hier findet man die notwendigen Informationen und diese sollte man vorher natürlich studieren. Wir können nur dazu ermutigen, hochzufahren und zu helfen. 2.000 Helfer – das klingt zunächst nach viel, aber auf ein so großes Gebiet verteilt braucht es eigentlich noch mehr.

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